Zucker im Whisky


Zucker im Whisky? Ja, den gibt es. Wenn auch Anfangs im Spirit nur sehr wenig. Insgesamt werde ich mich jedoch mit dem Thema in diesem Artikel etwas genauer beschäftigen. Die Datenbasis und Elemente aus diesem Artikel fussen unter anderem auf dem Artikel von Teemu Strengell aus seinem Whisky Science Blog. Schnappt euch also einen Dram, wenn euch das Thema interessiert, weil es wird etwas länger.

Der Zucker kommt vom Holzfass durch die Reifung in den Whisky. Der Spirit selbst hat nur einen sehr geringen Anteil an Zucker, wenn er frisch gebrannt wurde. Der Gesamtanteil an Zucker ist meist unter 1g/l (1 Gramm pro Liter) aber in manchen Fällen ist es möglich, dass doch mal mehr in den Whisky kommt. Die Süßen Aromen von in refill Bourbon oder virgin-oak Fässern gereiften Whiskys kommen größtenteils vom süß-aromatischen Vanillin und fruchtigen Estern, nicht vom Zucker.

Dennoch kann der Zucker im Whisky eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, dass der Whisky in zuvor mit Süßwein oder aufgespritetem Wein befüllten Fässern gereift wird.

Der Zucker kommt nun also durch die Fass-Reifung in den Whisky und die Menge ist also auch abhägig von der Vorbelegung der Fässer. Der New Make Spirit beinhaltet kaum Zucker und darf auch nicht damit aufgewertet werden – wenn man das überhaupt so nennen möchte. Zumindest darf er gesetzlich weder in schottischem, irischem Whisky noch in den Bourbon eingebracht weden. Dem gegenüber steht die erlaubte Zugabe von Zucker in die meisten Rums, Amerikanischen Whiskies (mit Ausnahme des Bourbons), kanadischen Whisky, Cognac, Armagnac, Vodka usw..

Erlaubt ist jedoch das Färben mit E150a, auch Karamell genannt.

E150a

E150a oder auch Zuckerkulör oder Karamell genannt (wobei die Definition Karamell hier eher als dreist anzusehen ist) ist für die Zugabe erlaubt. Die braunen Karamellfarbstoffe entstehen im Haushalt durch das Erhitzen von stärke- bzw. zuckerhaltigen Lebensmitteln. In der Industrie wird die Bildung der Zuckerkulör-Farbstoffe durch diverse Chemikalien wie Säuren, Hydroxide, Carbonate, Phosphate, Sulfate oder Sulfite wesentlich beschleunigt (daher heissen die Stoffe in diesem Zusammenhang auch Reaktionsbeschleuniger). Dabei entsteht dann entweder E150a (einfaches Zuckerkulör), E150b (Sulfit-Zuckerkulör), E150c (Ammoniak-Zuckerkulör) oder aber E150d (Ammoniumsulfit-Zuckerkulör). Das Farbspektrum von E150 reicht von bräunlich bis schwarz.

E150a, welcher für Whisky verwendet wird, besteht hauptsächlich aus Wasser (30-50%), Kohlenhydraten (50-70%) und Mineralien (0-4%), je nach Hersteller. Die Karamell-Farbe selbst ist nicht süß, sondern eher bitter. Wohingegen sie wahrscheinlich die Wahrnehmung von Vanillin und einigen anderen süß-wirkenden Noten intensiviert und gleichzeitig schwefel-artige Noten unterdrückt.

Die Menge an E150a, welche dem Whisky zugesetzt wird, liegt normalerweise deutlich unter 1g/l. Es gibt jedoch keine gesetzliche Obergrenze dafür. In einer unabhängigen Studie lag die höchste je in einem Whisky nachgewiesene Menge an E150a bei 0,97-1,10 g/l. Die durchschnittliche Menge betrug dabei einen Wert von 0,278 g/l E150a (von 0,01 bis 1,10 g/l).

Holz

Eine weitere Quelle des Zuckers im Whisky ist das Holz. Eiche besteht aus drei Hauptmakromolekülen: Zellulose, Hemizellulose und Glukose. Cellulose zerfällt sehr langsam in Alkohol-Wasser-Lösungen, wobei sehr geringe Mengen Glukose zu Whisky extrahiert werden. Die meisten aus dem Fass extrahierten Zucker stammen aus Hemizellulose.[1]Piggott, J. R., Conner, J. M., & Paterson, A. (1995). Flavour development in whisky maturation. Developments in Food Science, 1731–1751. doi:10.1016/s0167-4501(06)80261-x

Etwa 100mg/l Feststoffe (inkl. des Zuckers) werden aus neuen, verkohlten (charred) Eichenfässern während des ersten Jahres der Bourbon-Reifung extrahiert. Nach 1-3 Jahren ist die Extraktion aus alten, wiederbefüllten Fässern deutlich geringer. Die Extraktion liegt dann schon nur noch bei ca. 4mg/l/Jahr die z.B. für die Cognac- (oder Scotch-) Reifung verwendet werden.[2]Valaer, P., & Frazier, W. H. (1936). Changes in whisky stored for four Years. Industrial & Engineering Chemistry, 28(1), 92–105. doi:10.1021/ie50313a024

Ein getoastetes (siehe Folge-Kapitel) Fass extrahiert im Vergleich zu einem re-charred Fass erheblich mehr Zucker. Typischerweise werden für die ersten Jahre/das erste Jahr der Reifung etwa 150-250 mg/l/Jahr erreicht. Zum Vergleich: Ein 40 Jahre alter Branntwein, der in einem gerösteten Eichenfass gereift ist, hatte 2 g/l Zucker (durchschnittlich 50 mg/l/Jahr), während ein 30 Jahre alter Cognac (wahrscheinlich meist in einem refill gereift) nur 0,5 g/l (17 mg/l/Jahr) hatte.

Konzentrationen der Komponenten von Whisky, Rum und Tequila nach GC-MS-Daten (Quelle: Savchuk 2001)

Der wahrscheinlich wichtigste Faktor in Bezug auf die Menge an Zucker in Scotch ist der vorherige Inhalt des Fasses. Die gebräuchlichste Art von Fässern, das Ex-Borbon-Fass, würde selbst während einer langen Reifung nur minimale Mengen an Zucker enthalten. Oft weit unter 50 mg/l/Jahr und insgesamt weit unter 1 g/l. Gewöhnlich im Bereich von einigen hundert Milligramm pro Liter.

Das charred-Fass aus amerikanischer Eiche, das für Bourbon verwendet wird, ist anfangs recht zuckerarm. Der Bourbon wird einen Großteil der verfügbaren Zucker extrahieren. Ein getoastetes Fass, das zuvor für Cognac, Armagnac, Brandy oder andere nicht gezuckerte Spirituosen verwendet wurde, könnte etwas mehr extrahieren, aber höchstwahrscheinlich nicht mehr als 1 g/l während der Refill-Reifung.

Unterschied zwischen Charred- und Toasted Oak

Das Charring, also das Verkohlen der Holzfässer, geht schnell: Eine leichtes Charring wird in 15 Sekunden erreicht, ein mittleres Charring in 30s und das schwere Charring in 45s. Weiteres, darüber hinaus angewandtes, Charring führt zur sog. Krokodilkohle/Grad 4 mit blasig verbranntem Holz (Funfact: Der Ardbeg Alligator hat seinen Namen hier her).

Das Toasten ist langsamer beim Vergleich zum Charring. Im Allgemeinen wird nach 15 Minuten Anwendung der Flamme ein leichtes, nach 30 Minuten mittleres und nach 45 Minuten ein schweres Toasting erreicht. Dabei gibt es auch Unterschiede zwischen Böttchereien und Küfern. Gewöhnlich erreicht das Innere des Fasses beim Toasten 100-200°C und beim Charring über 250°C. Die Karamellisierung von Zuckern in Hemizellulose und Lignin[3]J. R. MOSEDALE, Effects of oak wood on the maturation of alcoholic beverages with particular reference to whisky, Forestry: An International Journal of Forest Research, Volume 68, Issue 3, 1995, … Continue reading und bis zu einem gewissen Grad in Zellulose beginnt bei etwa 140°C.

Zuckerlöslichkeit

Zucker lösen sich in Wasser besser auf als in Ethanol. [4]Alves, L. A., Almeida e Silva, J. B., & Giulietti, M. (2007). Solubility ofd-Glucose in Water and Ethanol/Water Mixtures. Journal of Chemical & Engineering Data, 52(6), 2166–2170. … Continue reading So kann z.B. eine 55%ige Ethanol-Wasser-Lösung fast zweimal mehr Zucker aus dem Holz extrahieren als eine 70% Vol.-Lösung. Der Unterschied zwischen 40% Vol. und 15% Vol. scheint wirklich entscheidend zu sein, so dass der Alkoholgehalt wahrscheinlich nur für hochprozentige Spirituosen von Bedeutung ist.

Eine Hochprozentige Ethanol-Wasser-Lösung dürfte die Zuckerextraktion deutlich verringern. Das Rösten und vor allem das Verkohlen der Eiche verringert die Menge an extrahierbarem Zuckern und wandelt sie z.B. in Furfurale („Karamell“) um. Andererseits trägt die Verkohlung zur Süße bei, indem sie die Bildung, Extraktion und Wahrnehmung anderer süß schmeckender Verbindungen, insbesondere Vanillin, erhöht.

Rum

Rum kann zugesetzten Zucker oder andere Süßungsmittel enthalten und das wird auch oft hinzugefügt. Die meisten gesüßten Rumsorten werden in der Abfüllphase gezuckert, aber manchmal wurde bereits im Fass Zucker (oder Melasse, Obst usw.) hinzugefügt. Ein Teil dieses Zuckers gelangt zwangsläufig in eine Rum-Barrel Reifung beim Whisky. Üblicherweise werden bis zu 40 g/l Zuckergehalt in Rum angegeben (100 g/l in spiced Rum). Jedoch die Menge an Zucker, die direkt in das Fass gegeben wird, liegt wahrscheinlich im Bereich von 5-20 g/l.

Süßweinfässer

Aus einem Süßweinfass können beträchtliche Mengen Zucker gewonnen werden. Sherry ist bei weitem das am häufigsten verwendete Ex-Weinfass in der schottischen Whiskyindustrie. Die meisten Sherrys, wie Fino, Manzanilla, Amontillado, Palo Cortado und die meisten Olorososos, sind trockene Weine (0-5 g/l Zucker) und fügen dem Fass nur wenig Zucker hinzu. Einige können sogar mehr extrahieren als hinzufügen. Die meisten süßen, verschnittenen, Sherrys (Cream, Dulce, süße Olorososos) werden oft vor der Abfüllung mit süßem Most gemischt. Die in den Olorososos wahrgenommene Süße kommt oft von hohen Glycerinmengen, nicht so sehr von Zucker.

Eine bemerkenswerte Ausnahme ist der Pedro-Ximenez-Wein, der heute fast ausschließlich in Montilla-Moriles vinifiziert wird. Es ist ein süßer Wein, der aus spät geernteten, getrockneten PX-Trauben hergestellt wird und typischerweise per Gesetz über 212 g/l Zucker enthält. Er ist selbst im Vergleich zu anderen Süßweinen, wie Portwein (normalerweise 100-150 g/l), Sauternes (100-200 g/l), Tokaji (60-500 g/l) oder Eiswein (180-320 g/l), recht süß.

Seasoning der Whiskyfässer

Nun gehen wir kurz auf das sog. Seasoning von Whiskyfässern ein, da das Verständnis davon für den weiteren Verlauf des Artikels notwendig ist. Beim Seasoning wird für eine kurze Zeit Sherry in das Whiskyfass gefüllt, danach entleert und danach dem eigentlichen Destillateur übergeben. Dieser Vorgang wird als Sherry Seasoning oder auch „Impfen“ der Fässer bezeichnet. Die Zeit, die der Sherry in dem Fass ist variiert üblicherweise zwischen 6 Monaten und 2,5 Jahren.

In der Vergangenheit

Die schottische Whiskyindustrie hat seit dem 19. Jahrhundert süße Sherrys zum seasoning ihrer Whiskyfässer bevorzugt, und während die meisten modernen Sherrys recht trocken sind, wurden die meisten Ex-Sherry-Whiskyfässer für süße Sherrys verwendet (oder geseasoned). In den 1800er und frühen 1900er Jahren wurden süße (oder gesüßte) Sherrys in Schiffsfässern nach Großbritannien importiert. Großbritannien war ein wichtiger Importeur von Sherry, und leere Fässer wurden oft zur Reifung von schottischem Whisky verwendet.

Ende des 19. Jahrhunderts wurden Sherryfässer in Schottland in großem Umfang verwendet. Weiterhin wurden in den 1890er Jahren die ersten Versuche, gebrauchte Fässer zu reaktivieren oder für seasoning-zwecke unternommen. Nachdem die Sherryfässer für die Reifung von schottischem Whisky verwendet wurden, hatte man sie mit süßem Sherry oder Paxarette geseasoned. Manchmal hat man ebenfalls Druck von innen nach Aussen ausgeübt, um das Holz mit dem Wein zu tränken. Durch den Druck drang das Paxarette tiefer ins Holz in kürzerer Zeit ein. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Verwendung von Sherryfässern recht weit verbreitet, so reifte beispielsweise Ende der 1920er Jahre ein großer Whisky-Blender Johnnie Walker alle seine Whiskys in Sherryfässern oder mit Sherry behandelten Fässern.

Zusätzlich zu diesem Beitrag könnte das Thema Paxarette hier im Blog interessant sein: klick.

Bildquellen

  • Zucker im Whisky: MaltMatters.de

Quellen[+]

Comments (3)

  1. Pingback: Laphroaig – 10 Jahre Sherry Oak – MaltMatters Blog

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