Die Nc’Nean Destillerie hat mich, seitdem ich Anfang 2020 das erste Mal von ihr gehört habe, direkt gepackt. Sowohl der Nachhaltigkeitsgedanke als auch die Präsentation der Story und des Whiskys waren unter anderem Gründe dafür. Der Inaugural Release (der erste Whisky der Brennerei) kam im Sommer 2020 auf den Markt.

In diesem Artikel werde ich etwas genauer auf die Destillerie eingehen, deren Hintergründe beschreiben und Informationen zusammenfassen.

Nc’Nean – Der Name

Fangen wir mit dem Namen an: Wie spricht man Nc’Nean überhaupt aus ?

Die Aussprache ist also 3-silbig: Nc-Nee-An.

Oder wie Paddy (in den ersten 5 Sekunden des Videos) für mich noch besser beschreibt (Paddy, falls Du das mal lesen solltest: Ich feiere Dich so sehr dafür! 😜):

Und was bedeutet der Name?
Nc’Nean ist eine Abkürzung von Neachneohain, was auf Gälisch „Die Königin der Geister“ bedeutet. Ähnlich wie Neachneohain, ein grimmiger Beschützer der Natur, ist auch die Brennerei führend im Schutz ihrer natürlichen Umgebung und hat die Absicht, an der Spitze der Innovation zu stehen. Weiterhin war Neachneohain bekannt für ihre Stärke und unabhängigkeit, sie sie nie Angst, ihren eigenen Weg zu gehen. Nc’Nean versucht, ihrem Ethos in allem, was sie tun, zu folgen.

Funfact
Der Apostroph war ursprünglich anders gesetzt: Ncn’ean (siehe Bild vom Fass)

Über Nc’Nean – Infos und Fakten

Annabel Thomas und Derek Lewis sind die Gründer der Destillerie. Nachdem Annabel 2013 ihren Job in London aufgegeben hatte, verbrachte sie vier Jahre damit, Geldmittel zu beschaffen und die Destillerie an der Westküste Schottlands von Grund an aufzubauen. Die Brennerei wurde 2017 in einem alten Gebäude einer Farm fertiggestellt und destilliert seit März 2017. Für den Aufbau wurden 7,5 Mio. Pfund aus Eigenkapital, Fremdkapital und Zuschüssen zur Finanzierung der Bau- und Betriebskosten bis zum Zeitpunkt des Crowdfundings aufgebracht. Noch während dem Crowdfunding im Dezember 2019 (welches 1.164.117£ von 292 Investoren eingespielte) hat Nc’Nean Whisky im Wert von 360.000£ verkauft, bevor die erste Flasche überhaupt abgefüllt wurde.

Quelle: Nc'Nean
Im März 2019 lag der Bestand der Brennerei bei mehr als 1.500 abgefüllter Whiskyfässer (ca. 450.000 70cl-Flaschen Whisky) mit einem Wert von über 2 Millionen Pfund.

Das Grundstück der Brennerei ist von einem Anteilseigner sowie einem Direktor gepachtet. Für die Mitarbeiter wurde zusätzlich ein Haus in der Nähe der Brennerei gekauft, welches zu 70% von der gleichen Bank mittels einem Darlehnen finanziert wurde, welche auch einen Großteil der Finanzierung für die Brennerei aufgenommen hat.

Wo liegt die Brennerei?

Die Destillerie liegt insgesamt drei bis vier Stunden nördlich von Glasgow, an der Westküste Schottlands in Morvern – östlich von der Tobermory Destille. Die Destille ist auch nicht allzu leicht zu erreichen. Dabei fährt man hoch an Loch Lomond vorbei, über Glencoe, nimmt dann eine Fähre bei Corran, bis man nach der Fähre für eine weitere Stunde auf sehr kleinen Straßen an Dromnin vorbei ankommt. Von der Isle of Mull kommt man in den Sommermonaten mit dem einmal wöchentlich verkehrenden Sealink-Wassertaxi von Tobermory nach Drimnin.

Nc’Nean Distillery
Drimnin
By Lochaline
PA80 5XZ
Tel: +44 (0)1967-421698
Email: hello@ncnean.com 

Die Mission

Die Mission ist es, experimentelle Spirituosen zu kreieren und Pionierarbeit für eine nachhaltige Produktion zu leisten.

Weiters eine stille Herausforderung an die Normen des Scotch. Das Mindset hinter der Brennerei ist davon überzeugt, dass Scotch von jüngeren Trinkern nicht angenommen wird, weil sie ihn als elitär oder altmodisch empfinden. Und dass die Scotch-Whisky-Industrie es nicht schafft, mit der sich ständig verändernden Welt um sie herum Schritt zu halten. Die Mission ist es, so wird es beschrieben, das zu ändern.

Das Team

Annabel Thomas
CEO
Anstellung: Vollzeit
Anteile: 9%

Benet Slay
Chairman
Anstellung: Teilzeit
Anteile: 0.70%

Derek Lewis
Director
Anstellung: Teilzeit
Anteile: Keine

Richard Cole
Director
Anstellung: Teilzeit
Anteile: 1.4%

Charles Adriaenssen
Director
Anstellung: Teilzeit
Anteile: 16.80%

Gordon Wood
Distillery Manager
Anstellung: Vollzeit
Anteile: Keine

Lorna Davidson
Distiller
Anstellung: N/A
Anteile: N/A

Simon Hewitt
Distiller
Anstellung: N/A
Anteile: N/A

Sarah Hewitt
Distiller
Anstellung: N/A
Anteile: N/A

Cindy Drew
Office Manager
Anstellung: N/A
Anteile: N/A

Matt Hastings
Brand Ambassador
Anstellung: N/A
Anteile: N/A

Sasha Holt
Head of Marketing
Anstellung: N/A
Anteile: N/A

Amy Stammers
Visitor Manager
Anstellung: N/A
Anteile: N/A

Keth McLelland
N/A
Anstellung: N/A
Anteile: N/A

Methode – Die Herangehensweise

Die Abläufe der Brennerei beinhalten den gesamten Prozess vom Mahlen bis zur Abfüllung der Fässer, die vor Ort gelagert werden. Die aktuelle Kapazität liegt bei ca. 95.000 Litern reinem Alkohol pro Jahr (ca. 225.000 70cl-Flaschen Whisky).

Stills

Die Stills stammen von LH Stainless. Eine angenehme Alternative zu dem Giganten Forthsys, welche die meisten Destillen in Schottland nutzen. Forthsys hat jedoch eine sehr lange Warteliste, was der Grund für die Entscheidung für LH Stainless war. Das ganze war mit etwas Risiko verbunden, da LH Stainless gerade erst mit der Herstellung von Kupferstills begonnen hatte.

Funfact
LH Stainless nutzt die Stills bei Nc’Nean auch für ihren Image-Film 😁

Brennerei-Charakter – New Make

Annabel beschreibt, dass sie mehrere Stile für ihre Spirits haben. Jedoch gibt es einen Hauptspirit, welchen Sie als leicht und fruchtig beschreibt. Nc’Nean macht einige Dinge anders gegenüber den meisten auf dem Markt. Beispielsweise nutzen sie verschiedene Hefesorten, um viele fruchtige Aromen zu erzeugen. Weiterhin setzten sie auf hohe Cut-Points, was den Spirit leicht und mit einer hohen Reinheit ausstatten soll. Ein Cut-Point wird im Spirit Safe vom Master Distiller gewählt. So wird entschieden, welcher genaue Teil des Rohbrandes für das Herzstück des Whiskys behalten werden soll. Das hat erhebliche Einflüsse auf den Charakter des New Makes. Das Vorgehen, welches für den New Make gewählt wurde, soll einen runden Whisky erzeugen, auch wenn er noch sehr jung ist.

Nc’Nean setzt nur ungetorfte Gerste ein. Das hat laut Annabel zwei Gründe. Zum einen möchte Sie den Whisky für Menschen erlebbar und genießbar machen, welche noch keinen Kontakt zum Whisky hatten. Rauch kann hierbei aus ihrer Sicht schwer sein. Und weiterhin ist Torf nicht wirklich gut für die Nachhaltigkeit.

Nachhaltigkeit

Organic?

Direkt zu Anfang wirbt die Destillerie mit „Organic Whisky Distillery – Made by nature, not by rules„. Organic kann man in diesem Zusammenhang im weitesten Sinne mit „Bio“ übersetzen. Alle Nc’Nean-Produkte sind BIO-zertifiziert. Sie verwenden nur erneuerbare Energie und recyceln die eigenen Abfallprodukte zu 99,97%. Das Team misst und minimiert den Abfall und recycelt das benutzte Kühlwasser.

Wenn ein Produkt als biologisch gekennzeichnet ist, bedeutet dies, dass seine Zutaten und Prozesse einen strengen Zertifizierungsprozess durchlaufen haben. Nc’Nean ist von der Biodynamic Association zertifiziert, welche sie jedes Jahr inspiziert, um sicherzustellen, dass die Brennerei den Bio-Standards entspricht.

Quelle: Nc'Nean
Zertifikat der Biodynamic Association für Nc’Nean

Der wichtigste Rohstoff der Brennerei wird biologisch angebaut. Das bedeutet, dass er auf die natürlichste Art und Weise produziert wird. Von Bauern, die keine künstlichen Pestizide oder Düngemittel verwenden. Dies führt nicht nur zu einer massiven Artenvielfalt, sondern auch zu einer besseren Bodengesundheit und Wasserqualität.

Erneuerbare Energie

Biomasse

Beide Kupfer Pot Stills werden ausschließlich von Nc’Neans Biomassekessel angetrieben. Sehr viele Leute meinten, dass das nicht funktionieren würde. Nc’Nean hat es trotzdem gemacht. Dazu werden sog. Holz-Chips aus dem örtlichen Wald genutzt, um den Kessel zu betreiben; alle Bäume, die geerntet werden, werden wieder angepflanzt.

Elektrizität

Ein kleiner Teil des benötigten Stroms wird von Partnern bezogen, welche sich für „grüne Energie“ einsetzen: bulb. Bulb schreibt über sich selbst:

Wir versorgen unsere Mitglieder mit 100 % erneuerbarem Strom aus Sonne, Wind und Wasser. Und auch unser Gas ist zu 100 % klimaneutral. Wir gleichen die Emissionen des von uns gelieferten Gases aus, indem wir Projekte zur Kohlenstoffreduzierung auf der ganzen Welt unterstützen. Außerdem sind wir der größte Abnehmer von grünem Gas für Privathaushalte in Großbritannien, so dass ein Teil unseres Gasmixes aus erneuerbaren Quellen stammt, wie z. B. Lebensmittel- oder Farmabfälle.[1]Siehe Startseite https://bulb.co.uk/

Es wurde überlegt, eine eigene Stromversorgung zu entwickeln. Die Menge des Strombedarfs der Brennerei ist jedoch sehr gering. Der Aufbau einer eigenen Stromquelle würde so viel Kohlenstoff verbrauchen, dass es gegenüber dem Bezug des Stromes von extern keinen Sinn ergibt.

Gemeinsame Arbeit

Die Brennerei versucht ihr Bestes, um auf all ihren Wegen erneuerbare Energie zu beziehen. Das schließt ebenfalls ein, wenn sie mit anderen Marken zusammenarbeiten. Der Botanical Spirit z.B. wird mit seinen Botanicals bei den Freunden der Brennerei, Beinn an Tuirc, re-destilliert (da sie keine Gin-Destille haben). Die wiederum nutzen Wasserkraft, um ihre Destillierapparate am Laufen zu halten, was dem Mindset von Nc’Nean entspricht.

Verpackung

Reduzieren (Reduce)

Es wird aktiv die Menge an neuen Materialien, welche für die Produktion verwendet werden, reduziert. Der Whisky wird in einer 100% recycelten Klarglasflasche abgefüllt, die keinen Neusand benötigt und den CO2-Fußabdruck um 40% reduziert. Die Geschenkverpackungen werden in Großbritannien aus 90% recycelter Pappe hergestellt. Alle Bestellungen auf der Website werden in recycelten Pappkartons versandt. Weiterhin kann bei der Bestellung auch angegeben weden, ob überhaupt eine Geschenkverpackung (Tube) benötigt wird.

Wiederverwenden (Reuse)

Die Herstellung von Glas (auch von Recycling-Glas) ist sehr energieaufwändig.[2]V Krivtsov, P.A Wäger, P Dacombe, P.W Gilgen, S Heaven, L.M Hilty, C.J Banks,Analysis of energy footprints associated with recycling of glass and plastic—case studies for industrial … Continue reading Um sicherzustellen, dass es nicht nur für den einmaligen Gebrauch verwendet wird, wurden von Nc’Nean Wege ausgedacht, wie man Flaschen wiederbefüllen, wiederverwenden und upcyceln kann. In ihrem Blog werden auch immer mal wieder weitere Vorschläge veröffentlicht.

Recyclen

Um den Kreislauf zu schließen wird dafür gesorgt, dass die Verpackungen recycelt oder kompostiert werden können, sobald sie das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht haben.

Abfall

Kein Abfall für die Deponie

Nc’Nean ist eine „Null-Abfall-Destillerie“. Im Jahr 2019 wurden 99,9 % des gesamten Abfalls von der Deponie abgeleitet. Dabei konzentiert man sich auch auf die Wiederverwendung von Materialien, so dass die Menge an Abfall, die zum Recycling geschickt wird, verringert werden kann.

Rückführung von Abfällen

Die größte Abfallquelle ist der Pot Ale – die Flüssigkeit, die nach der Destillation übrig bleibt. Sie wird als als Dünger auf dem örtlichen Ackerland ausgebracht. Bei der Herstellung von Whisky fällt sog. draff an, also Gerstenreste, die eine schmackhafte Mahlzeit für die Kühe auf dem Hof darstellen.

Frei von Chemikalien

Natürliche Abfälle sind eine Sache, aber chemische Abfälle sind eine ganz andere. Wenn Chemikalien verwendet werden, können sie sehr leicht die Umwelt schädigen. Deshalb konzentriert sich Nc’Nean auf die Beschaffung von natürlichen Reinigungsprodukten für die Bar, das Büro und Toiletten.

Wasser

Wasser-Recycling

80% des Wassers, welches verwendet wird, dient zur Kühlung des Dampfes, wenn er aus den Destillierapparaten kommt. Hierfür wird das Regenwasser recyclet und über einen natürlichen Kühlteich, der unten abgebildet ist, aufgefangen. Das bedeutet, dass das gleiche Wasser immer wieder verwendet werden kann und keine Energie für die Kühlung oder Chemikalien für die Reinhaltung des Wassers benötigt wird.

Quelle: Nc'Nean

Wasser Effizienz

Obwohl die Westküste sehr feucht ist, hat der Klimawandel zu längeren Trockenperioden (oft im Frühjahr und Frühsommer) geführt. Um sicherzustellen, dass die Wasserressourcen nicht unnötig unter Druck gesetzt werden, behält man ständig den Wasserverbrauch im Auge (mittels Messungen) und sucht nach Möglichkeiten, wassersparender zu arbeiten.

Quellwasser

Das gesamte Wasser, das für die Herstellung des Whiskys zum Einsatz kommt, stammt aus einer Quelle direkt hinter der Brennerei. Eine eigene Quelle, welche sauber ist und vor der Verwendung keine Behandlungen in Form von Chlor oder anderen benötigt.

Aussicht – Wo will Nc’Nean hin?

Nc’Nean möchte zukünftig noch ein zusätzliches Lagerhaus vor Ort bauen, um Transport-/Lagerkosten zu sparen. Weiterhin soll investieret werden, um ein zweites Produkt auf Basis einer neuen Marke auf den Markt zu bringen, das den Trend zum niedrigen Alkoholgehalt ausnutzen soll.

Bzgl. des Spirits werden verschiedene Hefe-Sorten in Zukunft getestet. Das hat direkte Auswirkungen auf den New Make in den Aromen. Als Beispiel werden Champagner-Hefen oder Rot-Wein-Hefen benutzt werden. Hierzu sollen dann auch Spezialabfüllungen mit genau diesen Angaben folgen. Der Hintergrund dabei ist, dass es nach Annabel so viele Cask Finishes weltweit gibt, dass sie sich lieber auf den Spirit konzentrieren möchte.

Die aktuellen (Stand Januar 2021) Batches werden aus zwei Fass-Typen zusammengestellt. Über die Zeit kann sich das Verhältnis der Fassarten jedoch ändern.

Weitere Artikel

The Times (UK) – https://www.thetimes.co.uk/article/distilleries-harness-hydrogen-power-to-turn-their-whisky-green-np98hfjgp

Updates

16.02.2021:
– Hinzufügen des Interviews via YouTube

13.01.2021:
– Ergänzung des Textes über die Bedeutung des Namens Nc’Nean.
– Hinzufügen der Sektion „Weitere Artikel“

Für weitere Infos werde ich bald ein Interview mit Annabel führen. Sobald es den Beitrag dazu gibt, wird er hier verlinkt.

Gewinnspiel (aus dem LiveStream vom 07.01.2021) – Welche Pot Stills (Hersteller) benutzt Nc’Nean?

Zur Teilnahme könnt ihr entweder eine Mail mit dem Betreff „Gewinnspiel“ an mail@MaltMatters.de schicken oder einfach das Formular hier unten nutzen.

Interview mit Annabel Thomas

Bildquellen

Quellen[+]

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